Der Berg ruft
Weit ab vom Matterhorn, in der Bierkulturstadt Ehingen wird eine in Baden-Würtenberg einzigartige Erlebniswelt zum Thema Bierkultur geboten. Fünf unabhängige, inhabergeführte Brauereien, mit historischer Unternehmensgeschichte, lassen Bürger und Gäste in die lebendige Bierkultur der Großen Kreisstadt eintauchen. Eine dieser Brauereien liegt direkt an der Donau, wo sich Oberschwaben mit der Schwäbischen Alb verbindet, im kleinen Örtchen Berg, die Berg Brauerei. Das Wirtshaus bei den Höfen auf dem Berg wird erstmals in einem Lehensbrief vom 12. Juli 1466 durch Erzherzog Albrecht von Österreich mit dem Recht „ein Wirtshaus zu betreiben, zu backen, sieden, brennen, Salz ausmessen und andere Metzlereien“ urkundlich erwähnt. Am 4. November 1756 kauft Anton Weber dieses Erblehen dem österreichischen Kaiserhaus ab und im Jahr 1757 heiraten Maria-Anna Weber und Cyriakus Zimmermann. Seit über 250 Jahren ist die Familie Zimmermann in Berg und damit eine der ganz alten Brauerfamilien in Deutschland.
Mit Beate und Uli Zimmermann ist bereits die neunte Generation am Werk. Kaum eine andere Brauerei im Land kann auf eine so lange Tradition zurückblicken. „Wir stehen in der Tradition der hier gewachsenen Bierkultur und brauen alle Berg Bier-Spezialitäten zu 100 Prozent mit Braugetreide, das aus der näheren Umgebung stammt“, sagt Brauereichef Uli Zimmermann. Konsequent setzt die Berg Brauerei auf handwerkliche Bierbraukunst und auf Brauverfahren, die vor allem eines benötigen: viel Zeit. Sie ist ebenso entscheidend für die besondere Qualität der Berg Bier-Spezialitäten wie Hopfen, Malz, Hefe und Wasser. Ein weiterer wesentlicher Faktor ist der Mensch. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter setzen sich mit großem Engagement für ihr Bier ein und pflegen die Handwerkskunst, die von einer Generation an die nächste weitergegeben wird.
Alle Rohstoffe müssen dabei den hohen Ansprüchen der Berg Brauerei genügen. 36 Landwirte aus der Region, die ihre Felder nach den Regeln des integrierten und kontrollierten Anbaus bewirtschaften, liefern die Braugerste. Daraus entstehen acht Malzsorten, die zusammen mit sieben Hopfensorten dafür sorgen, dass jedes Bier seinen eigenen Charakter entfaltet. Damals, wie heute, werden alle Berg Bier-Spezialitäten in der seltenen und aufwändigen Bottich-Gärung vergoren und für eine zweite Gärung, die Zweifach-Reifung, im Reifetank aufgekräust.
Der Erhalt alter, seltener und aufwändiger Brauweisen ist Uli Zimmermann ein Bedürfnis. „Die Erfahrungen mit der offenen Obergärung für Weizenbiere waren so gut, dass wir 2018 wieder Gärbottiche installiert haben, um auch alle untergärigen Bierspezialitäten offen zu vergären“, erklärt Zimmermann. Acht Tage gärt das sogenannte Jungbier im offenen Bottich. Dabei fällt die Temperatur langsam von 9,5 auf 6 Grad Celsius. Und im Gegensatz zur geschlossenen Tankgärung ganz ohne Druck, sodass Kohlensäure entweichen kann. „Im offenen Bottich sehen die Brauer, wie die Hefe bei der Hauptgärung, atmet‘ und Würze in Alkohol und prickelnde Kohlensäure verwandelt. Dieses Gärbild schenkt uns wichtige Erkenntnisse über das Bier, denn wir wollen uns nicht ausschließlich auf analytische Kennzahlen verlassen“, so Zimmermann. „Durch die offene Obergärung und die natürliche Abtrennung der Gerbstoffe können wir bei unseren Weizenbieren auf Filtration verzichten. So bleiben alle Aromen, Vitamine und Mineralien im Bier enthalten.“
Bevor das Bier nach acht Tagen offener Gärung zur zweiten Gärung in einen Kaltlagertank kommt, heben die Brauer die von Hopfen und Malz eingetragenen Gerbstoffe vorsichtig mit einem großen Sieblöffel ab und nehmen diese so aus dem Bier. Ein Vorgang, der Augenmaß und Können bedarf. Bei der anschließenden zweiten Gärung wandern frische Würze und Hefe in den Tank, der nun mit einem sogenannten Gärspund verschlossen wird. Die Temperatur wird nun langsam auf Minus 1 Grad Celsius gesenkt, damit sich die Kohlensäure schonend an das Bier binden kann. „Das braucht Zeit, viel Zeit. Die klassische Sekt- und Champagnerherstellung wendet dieses zweite Vergären auch an“, sagt Zimmermann.
Zwölf verschiedene Bierspezialitäten braut die Berg Brauerei ganzjährig, sechs weitere saisonal. Vier Biere aus dem Sortiment der Berg Brauerei werden nach Bioland-Kriterien gebraut: Spezial, Jubel-Bier, Schäfleshimmel und das 3-Korn-Hefeweizen. 2003 war Berg Bier unter den ersten, die mit dem Qualitätszeichen Bio-Bier auf den Markt gingen. Die Nachfrage ist ausgesprochen hoch. Zu den Bio-Kooperationen gehört auch die Zusammenarbeit mit Lutz Mammel und den Bauern der Erzeugergemeinschaft Kornkreis, die die Alblinse wieder kultivieren. Als Stützfrucht dient ihr unter anderem die Braugerste.
Die Tradition der Brauerei setzt sich in der eigens betriebenen BrauereiWirtschaft fort. In der mitten im Dorf gelegenen Gaststätte können in stilvoller und gemütlicher Atmosphäre die Bierspezialitäten der Berg Brauerei und leckere schwäbische Gerichte genossen werden. Hier befindet sich auch die Brau- und Backstube, in der im 20-Liter-Minisudhaus kleinere Gruppen selbst brauen können. In den neuen Räumen finden Braukurse und Bierverkostungen unter professioneller Leitung statt. Außerdem können die Teilnehmer unter Bäckeranleitung Brot im Steinbackofen backen.
„Wir nehmen damit das im Haus historisch verankerte Brotbacken wieder auf. Denn Brot und Bier nehmen im Getreide ihren Anfang“, erklärt Zimmermann. Das ganze Jahr ist ein Blick hinter die Mauern der Brauerei als Besichtigung möglich, in BierBrauKursen werden die Teilnehmer ans Hobbybrauen herangeführt und im Museum, dem BrauereiGewölbe, tauchen die Besucher im wahrsten Sinne des Wortes ab in eine längst vergessene Zeit.
Das Ulrichsbier, eine der ältesten Biermarken in Oberschwaben, geht auf die Tradition der Kirchenpatrozinums-Feste zurück. Von 1343-1804 gehörte Ehingen und Berg zu Österreich. Die Zugehörigkeit ist für die Brauerei sehr wichtig, da dadurch Berg katholisch blieb und so die Kapelle oberhalb der Brauerei dem heiligen Ulrich geweiht.
1911 wurde erstmals das Ulrichfest nicht nur als Kirchenfest sondern auch als Fest auf dem Brauereihof gefeiert. Der Großvater des heutigen Brauereibesitzers Uli Zimmermann begann, zu Ehren des Kirchenpatrons in Berg, St. Ulrich, zu einem Fest im Brauereihof einzuladen. Zu diesem Zweck wurde ein ihm gewidmetes Bierrezept entwickelt, das damals ausschließlich für den Festtag gebraut wurde. Zum Ulrichsfest am 8. Juli 1911 wird somit erstmals Ulrichsbier ausgeschenkt. Nach dem 04.07.1911 schreibt die Zeitung erstmals vom Ausschank von Ulrichsbier. Das damalige Ulrichsbier, was sich zuerst Doppelbier nannte, überlebte in seiner Einzigartigkeit die Jahrzehnte durch das alljährliche Ulrichsfest.
Seit 1981 gibt es das Ulrichsbier das ganze Jahr über im kleinen Bügelverschlussfläschle. Erst nach Jahren entwickelt sich diese ganzjährige Bierspezialität zu einem großen Erfolg.
Mit seinen Rohstoffen und der Rezeptur ist es eine eigenständige Biersorte, die am Ehesten dem Typus der Fest- und Braunbiere zuzuordnen ist, wie sie um 1911 gebraut wurden. Sein kerniger Malzkörper, mit einer Spur Röstmalz, bettet den Tettnanger und Hallertauer Hopfen ganz besonders ein. Das „Uli“ wie die Einheimischen das Bier nennen, begeistert seit fast 40 Jahren unzählige Bierfreunde zwischen Alb und Allgäu. Das „Uli“ wurde Kult.
In diesem Jahr wurde das Ulrichfest 111 Jahre alt und vom 8. bis 11. Juli ausgiebig zelebriert. Ich kann jedem ans Herz legen, dieses ausgiebige Fest selbst einmal mitzuerleben und das vielfältige Festprogramm zu genießen.
Danke Berg Brauerei, die über 550 - jährige Tradition ist hier in Berg unmittelbar spürbar.
Was vielleicht nicht unerwähnt bleiben sollte:
Sportlich Aktive kommen in und um Berg voll auf Ihre Kosten. Für Radler und Wanderer bietet die Nähe zur Schwäbischen Alb vielseitige Möglichkeiten und sie werden stets begleitet von der Möglichkeit zur Einkehr bei einem der vielen Berg Bier-Gastronomen.
Speziell für Wanderer gibt es den Bierwanderweg. Ein 14km langer Innenstadtwanderweg, der bis nach Berg führt. Bei jedem Radler sollte die frisch vom ADFC-zertifizierte Berg Bier-Tour noch auf der Liste stehen. Die 115km lange, voll ausgeschilderte 2-Tagestour, die durch wunderschöne Täler, vorbei an Sehenswürdigkeiten, wie der Karsthöhle "Hohle Fels“, dem Blautopf, der Sontheimer Höhle oder dem ehemaligen Truppenübungsplatz bis nach Münsingen führt, ist ein Muss für jeden Radler mit Naturbegeisterung! Von Münsingen geht es dann fast immer talabwärts weiter entlang dem prämierten Naturwunder 2019, der Großen Lauter, bis zur Donau. Von dort führt die Tour wieder bis zu uns nach Berg.
Schlussendlich meine persönliche Bierempfehlung: Das Berg Spezial ist ein wunderbar süffiges Bier, welches malzbetont und angenehm gehopft ist, ein gut ausbalanciertes Bier was kräftiger wie ein Helles und dezenter gehopft wie ein Pils, eine Lücke fühlt und einlädt zum weitertrinken.